Kinderschutzkonzept
Stand August 2024
1 Einleitung
Im Naturkindergarten „Die Biberbande e.V.“ stehen die Kinder in ihrer Individualität im Vordergrund. Uns ist die Entwicklung eines gesunden Selbstkonzeptes auf körperlicher und seelischer Ebene wichtig. Kinder sollen ihre eigenen Stärken und Schwächen kennenlernen, sowie die Regeln und Grenzen von sich selbst, der Gruppe und der Umgebung beachten lernen.
Grundlagen hierfür sind 1. gute Rahmenbedingungen, in denen sich die Kinder wohl und sicher fühlen, 2. ein grundsätzlich feinfühliges Verhalten der Erwachsenen gegenüber den Kindern sowie 3. die Einbeziehung der Kinder in bestimmte Prozesse.
Ziel in diesem Sinne ist es, die Kinder zu stärken und damit präventiv vor verletzendem Verhalten zu schützen und für problematische Situationen zu sensibilisieren.
„Die Biberbande“ soll einen sicheren Ort für Kinder darstellen, in dem sie vor jeglicher Form von Gewalt, Überschreitung von Grenzen, Übergriffigkeiten und Machtmissbrauch geschützt sind.
Gleiches gilt für alle erwachsenen Personen, die in der Einrichtung tätig sind. Alle Mitarbeitenden und Eltern sollen ihren Teil dazu beitragen und gegenüber jeglichen Anzeichen von Gewaltanwendung oder Missbrauch wachsam sein. Der Schutz von Kindern geht uns alle an und wir haben eine große Verantwortung, diesen auch durch die richtigen Maßnahmen und Intervention zu gewährleisten.
Unser Schutzauftrag basiert auf den gesetzlichen Rahmenbedingungen des SGB VIII und des Bundeskinderschutzgesetzes. Auch die UN-Kinderrechte, das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland sowie das Bürgerliche Gesetzbuch unterstreichen die besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern.
Das vorliegende Schutzkonzept wurde als Ergänzung des pädagogischen Konzepts erstellt. Es zeigt die tägliche Präventionsarbeit der Einrichtung auf, schafft klare Richtlinien und legt fest, welche konkreten Maßnahmen im Verdachtsfall ergriffen werden. Zusätzlich wird auch speziell auf die Gefahrenpotentiale eines Naturkindergartens eingegangen.
Das Kinderschutzkonzept wird allen Parteien im Kindergarten zugänglich gemacht. Unsere Fachkräfte (pädagogische Fachkräfte, pädagogische Ergänzungskräfte) und Nicht-Fachkräfte (sonstige Kräfte in pädagogischer Arbeit) sind verpflichtet, ein erweitertes Führungszeugnis vorzuweisen, welches alle 5 Jahre aktualisiert vorgelegt werden muss. Unsere Fachkräfte unterziehen sich im vorgeschrieben Turnus allen notwendigen Schulungen zur Ersten Hilfe am Kind, sowie alle weiteren sinnvollen Schulungen rund um das Kindeswohl.
Im pädagogischen Team wird dieses Thema regelmäßig reflektiert und achtsam, aber offen diskutiert. In der Elternschaft wird das Thema durch eine von der Elternschaft gewählte Kinderschutzbeauftragte*r repräsentiert und in der Elternschaft im Rahmen der Elternabende und auch gesonderten Vorträgen vorgestellt und regelmäßig sensibilisiert.
2 Prävention
Ein wichtiger Baustein unseres Schutzkonzeptes ist die Prävention. In regelmäßigen Projekten, Schulungen und Elternabenden wird das Thema bearbeitet und in Erinnerung gerufen, denn Präventionsmaßnahmen können eine aufdeckende Wirkung haben bei Kindern, Eltern wie auch den Beschäftigten. Auf dieser Grundlage führen wir eine kontinuierliche Arbeit mit Kindern weiter. Prävention ist nur nachhaltig wirksam, wenn sie regelmäßig stattfindet. Für den Träger ist klar, dass es für alle Beteiligten einer Situation wichtig ist, sich der potenziellen Gefahren bewusst zu sein, um diese adäquat einschätzen zu können und sinnvoll und kritisch damit umgehen zu können. Dieses Schutzkonzept sowie weitere hier beschriebene Maßnahmen sind ein wichtiger Baustein dafür.
2.1 Grundlegende Maßnahmen
Alle fest angestellten Mitarbeiter legen zu Beginn ein erweitertes Führungszeugnis vor. Dies wird regelmäßig (alle drei bzw. fünf Jahre) erneuert. Dies gilt auch für Mitarbeiter im Rahmen des freiwilligen Dienstes. Die Führungszeugnisse dürfen bei Abgabe nicht älter als drei Monate sein. Um die persönliche Eignung nach §72a SGB VIII sicherzustellen, werden Bewerber*innen im Vorstellungsgespräch zu ihren Haltungen, ihrem Umgang und bisherigen Erfahrungen mit Grenzüberschreitungen befragt. Die notwendige Balance von emotionaler Nähe und professioneller Distanz als Grundbedingung pädagogischen Handelns wird thematisiert. Auf den tätigkeitsumfassenden Schutzauftrag wird hingewiesen. Bei Vertragsunterzeichnung unterschreiben alle Mitarbeiter und alle Eltern eine Selbsterklärung zur Prävention von sexueller Gewalt. Mit dieser Erklärung wird bestätigt, dass aktuell keine laufenden Ermittlungs- oder Voruntersuchungsverfahren wegen einer Straftat gegen die sexuelle Selbstbestimmung eingeleitet wurden. Diese unterzeichnen auch Aushilfen und Kurzpraktikanten. Zudem werden eine Abholkartei und eine Notfallkartei geführt. Durch die Abholkartei wird sichergestellt, dass keine unberechtigten Personen ein Kind abholen. Die Notfallkartei regelt, wer im Notfall, z.B. einer Verletzung des Kindes, verständigt werden soll.
2.2 Teamkultur
Grundlage ist eine wertschätzende Art der Kommunikation unter allen Beteiligten. Wir achten auf eine offene Atmosphäre des Austausches unter Einbeziehung aller im Kindergarten Beteiligten (Team, Kinder und Eltern). So stellen die Erwachsenen ein Vorbild für die Kinder dar, indem sie ihr Verhalten reflektieren, Kritik annehmen können, Grenzen anderer achten und einen respektvollen Umgang miteinander pflegen. Es finden wöchentlich Teamsitzungen statt, auf Wunsch auch mit dem Vorstand. Zudem gibt es regelmäßige Supervisionen im Team, deren Ergebnisse in geeigneter Form auch an die Eltern bzw. den Vorstand weitergetragen werden.
Grenzverletzendes Verhalten kann bereits im Kleinen unbewusst und ungewollt stattfinden, z.B. durch Stresssituationen. Daher liegt ein wichtiges Augenmerk der Vorstandsarbeit darauf, Stresssituationen beim Personal zu vermeiden. Maßnahmen dafür sind, für ausreichend Betreuungskräfte zu sorgen oder im Falle von Personalmangel individuelle Lösungsmöglichkeiten zu finden (z.B. Verkleinern der Gruppe durch früheres Abholen). Zudem werden die Fachkräfte in ihrem Wohlbefinden gestärkt, es gibt Angebote des Austausches, Förderung und Ermutigung zu Fort- und Weiterbildung, gemeinsam festgelegte Regelungen zur Aufsicht und Vorgehen bei Arbeitsausfall. Ziel ist es, eine Kultur der gegenseitigen Rückmeldung und Unterstützung zu leben.
2.3 Kritikkultur
„Die Biberbande“ ist eine lernende Struktur. Deshalb ist Kritik ausdrücklich erwünscht. Sie sollte stets fair und vor allem auf Augenhöhe vorgetragen werden. Dies bedeutet ein gleichberechtigtes, hierarchiefreies, gewaltfreies und respektvolles Miteinander, bei dem Kritikpunkte konstruktiv und vor allem zeitnah erläutert werden. Die genaue Vorgehensweise bei Beschwerden wird unter dem Punkt Beschwerdemöglichkeiten für alle Beteiligten vorgestellt.
2.4 Generalverdacht
Zum Schutze unserer Mitarbeiter*innen ist es wichtig, das Thema Generalverdacht zu thematisieren. Männliche Fachkräfte werden in Kindertagesstätten häufig pauschal (zumindest gedanklich) mit sexuellem Missbrauch in Zusammenhang gebracht. Um Ängsten und Vorurteilen von Eltern oder von Pädagog*innen von vornherein entgegenzuwirken, wird das Thema Generalverdacht nicht tabuisiert, sondern offen damit umgegangen. Obwohl Körperkontakt zu Kindern unerlässlich ist, muss man im pädagogischen Team geschlechtsunabhängig festmachen, welcher Umgang mit den Kindern angemessen ist und was eine (mögliche) Grenzüberschreitung sein kann. Hier wird das Prinzip der kollegialen Beobachtung und einer darauffolgenden Reflexion verwendet. Die Fachkräfte setzen sich mit ihren eigenen und fremden Verhaltensmustern kritisch auseinander. Eine Kultur des Hinschauens und Offenlegens, die Enttabuisierung von Themen und ein bewusster Umgang mit Grenzen ist ein pädagogischer Qualitätsstandard.
2.5 Fortbildungen
Um Mitarbeiter*innen und/oder Eltern gezielt zu unterstützen und die Einrichtung weiterzuentwickeln, werden Fortbildungen gezielt geplant. Bei der Auswahl der Fortbildungen wird der jeweilige Bedarf der Einrichtung mit einbezogen. Beispiele hierfür wären z.B. wiederkehrende Erste-Hilfe-Kurse, Sicherheitsbeauftragung, Leitungsqualifizierung, aber auch z.B. Fortbildungen zu den Themen Sexualpädagogik im Kindergarten, Natur- und Wildnis-Pädagogik oder auch eine Kräuterwanderung, um das Wissen um Pflanzen und Giftpflanzen aus der Umgebung zu sichern.
2.6 Kooperation
Der Naturkindergarten „Die Biberbande“ ist sich seiner internen und externen Ressourcen bewusst und kooperiert deshalb mit externen Fachstellen, um bestmögliche Hilfen zu gewähren und gleichzeitig niemanden zu überfordern. Dazu gehören z.B. die Erziehungsberatungsstellen, das Jugendamt, das Forstamt und andere.
3 Grundlegende Haltung im Umgang mit dem Kind
Unsere pädagogische Arbeit orientiert sich in jeder Hinsicht an den Bedürfnissen der Kinder. Sie dürfen sich ausprobieren und ihre kindliche Neugierde ausleben, dazu gehören auch Auseinandersetzung und Erfahrungen mit dem eigenen Körper. Aus diesem Grund wird kein von den Kindern vorgeschlagenes Thema verworfen, und alle Fragen werden so natürlich wie möglich beantwortet, sodass jede Situation für den Lernprozess verwendet werden kann. Es gibt keine Tabuthemen, jedoch gehen wir jederzeit rücksichtsvoll, respektvoll und sensibel damit um. Der positive und reflektierte Umgang mit Sexualität und Körperlichkeit leistet einen wesentlichen Beitrag zur Identitätsentwicklung von Kindern und stärkt ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen. Zudem macht es sie sprachfähig für unterschiedlichste Themen und ermöglicht die Wahrnehmung vielfältiger Gefühle und Ausdrucksformen. Wir bieten nach Bedarf verschiedene Aktivitäten im Zusammenhang mit Gefühlen an, damit die Kinder lernen, ihre eigenen wahrzunehmen und auszudrücken, eigene Grenzen klar zu kommunizieren und sich zu schützen. Wir fördern immer das „Nein heißt nein”. Ebenso unterstützen wir das Verstehen und Einsetzen von Körpersprache. Grundsätzlich gilt dabei immer: Jedes Kind muss sich damit wohlfühlen, eigene Grenzen kommunizieren können und Grenzen und Bedürfnisse des anderen anerkennen.
3.1 In der Praxis: Resiliente Kinder
Diese wichtige Fähigkeit wirkt als „seelisches Immunsystem“. Es stärkt uns für die Herausforderungen und Schwierigkeiten des Lebens und es zeichnet sich dadurch aus, unsere eigene Person in Krisensituationen zu schützen. Resiliente Menschen können sich um das eigene Wohlbefinden kümmern und in schwierigen Situationen auf entsprechende Problemlösungsstrategien zurückgreifen. Dies kann neben anderen Schutzstrategien auch das frühzeitige Bitten um Hilfe beinhalten und die eigenen Grenzen kennenlernen und verteidigen.
Die Kinder werden im Alltag hinsichtlich folgender Aspekte von uns unterstützt:
- Selbstständigkeit: Wir motivieren die Kinder zur Selbständigkeit, indem wir z.B. die Kinder Konflikte möglichst selbst lösen lassen. Außerdem werden die Kinder zur Selbständigkeit im Hygienebereich motiviert. So gewinnen Kinder mehr Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und können ein stabiles Selbstwertgefühl ausprägen.
- Grenzen: Die Kinder werden ermutigt, Grenzen zu setzen und klar und deutlich zu sagen, wenn etwas nicht passt – sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen. Auch die nonverbale Kommunikation wird hierbei berücksichtigt. Dieses Thema wird kontinuierlich sowohl in verschiedenen Situationen im Kindergartenalltag als auch als Thema im Morgenkreis behandelt.
- Bindung: Eine sichere Bindung zu den Bezugspersonen im Team bringt eine emotionale Stabilität, wodurch die verschiedenen Lernprozesse stattfinden können. Es hilft den Kindern, sich sicher zu fühlen, damit sie die Welt um sich herum entdecken können.
- Partizipation: Die Kinder werden immer über alles informiert, was sie selbst betrifft. Regeln und Entscheidungen, die die Gruppe betreffen, werden gemeinsam im Morgenkreis getroffen. So lernen die Kinder nicht nur ihre eigenen Ideen und Bedürfnisse wahrzunehmen, sondern auch, sich vor anderen zu äußern.
- Gefühle: Der Alltag im Kindergarten bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich darin zu üben, seine eigenen Gefühle zu erkennen und auszudrücken. Wir bieten darüber hinaus auch spezifische Aktivitäten dazu an, bei denen wir die Zeit und den Raum haben, nicht nur über die Gefühle zu sprechen und darüber, wie sich die Kinder fühlen, sondern auch über die Strategien, die angewendet werden können, um Gefühle von Traurigkeit oder Wut zu bewältigen. Oft sind es die Kinder selbst, die sich gegenseitig Ratschläge geben, und das Team fungiert nur als Moderator. Indem die Kinder sich gegenseitig helfen und unterstützen, wird der Zusammenhalt untereinander in der Gruppe gestärkt und Empathie gefördert.
3.2 Sexualpädagogik
Wir können die Kinder nicht vor jeder bedrohlichen Situation bewahren, aber wir können sie darin unterstützen, einen positiven Zugang zu sich und ihrem Körper zu bekommen und Grenzen zu setzen. Hierbei spielt die Sexualerziehung eine wichtige Rolle. Sie ist Teil unseres Erziehungs- und Bildungsauftrages, die wir in viele andere Lernprozesse (körperlich, emotional, sozial) mit einbeziehen.
Unser Ziel ist es, die Identitätsentwicklung der Mädchen und Jungen zu fördern und sie in ihrer psychosexuellen Entwicklung zu begleiten. Besonders im Kindergarten- und Vorschulalter nutzen Kinder die Möglichkeit, ihren Körper neugierig zu erforschen und ihn mit anderen zu erfahren. Sie imitieren dabei das Verhalten der Erwachsenen (Händchen halten, küssen, heiraten), spielen Zeugungs- oder Geburtsszenen und möchten den Körper – den eigenen wie den der anderen – mit seinen Geschlechtsteilen untersuchen.
Diese „Doktorspiele“ gehören, wie Vater-Mutter-Kind-Spiele oder andere Rollenspiele, zur normalen Entwicklung im Vorschulalter. Die Kinder entdecken so auf spielerische Weise Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen und üben sich in ihren Geschlechterrollen.
Weil die Interaktion der Kinder auch in unbeobachteten Momenten stattfinden kann, legen wir für ‚Doktorspiele‘ eindeutige Regeln fest, an denen sich die Mädchen und Jungen orientieren können: jedes Kind bestimmt selbst, mit wem es Doktor spielen will; dabei lassen wir die (Unter-)Hose an; niemand darf ein anderes Kind ohne seine Erlaubnis berühren oder etwas tun, was es nicht möchte; kein Kind tut einem anderen Kind weh; niemand steckt einem anderen Kind etwas in eine Körperöffnungen. Diese Regeln besprechen wir mit den Mädchen und Jungen. So können sie ihre eigenen Grenzen ziehen bzw. „verteidigen“ und die Grenzen der anderen achten. Kommt es dennoch zu grenzverletzendem Verhalten, reagieren wir und greifen sensibel ein, um die Situation zu beenden. Wir benennen die Handlung ganz konkret, damit das Kind weiß, welches Verhalten nicht in Ordnung war und „ermahnen“ zur Einhaltung der Regeln. Bilder-und Vorlesebücher mit Geschichten rund um Körper, Sinne und Gefühle bieten dabei eine gute Unterstützung.
3.3 Verhaltenskodex: Hygienehandlungen & Intimsphäre
Im Hygienebereich wollen wir, dass die Kinder sich sicher fühlen und in diesem Bereich ihre Intimität wahren können. Deswegen kommunizieren wir unsere Regeln offen und transparent, damit jedes Kind weiß, wie seine Rechte sind und eine Intimsphäre garantiert ist. Wir achten mit Sorgfalt darauf, dass die Kinder ihre Intimsphäre erhalten, sorgen jedoch immer für eine Aufsichtspflicht.
- Es wird das Thema Toilette draußen mit den Kindern besprochen. Hier bietet sich die Möglichkeit der Sensibilisierung, wo ein geeigneter Ort ist und wo nicht. Grundsätzlich bieten Gebüsche/Wäldchen Rückzugsorte für die Kinder. Dabei findet eine Begleitung durch die Erzieher statt, teilweise auch aus der Distanz.
- Die Fachkräfte verwenden beim Abwischen und Wickeln Einweghandschuhe. Zusätzlich werden kleine Mülltüten und ein Klappspaten mitgeführt.
- Wir motivieren die Kinder zur Selbstständigkeit. Wenn Hilfe gebraucht wird, soll das Kind dies äußern und mit dem Vorgehen in der Hygiene einverstanden sein.
- Die Kinder, die gewickelt werden müssen, dürfen entscheiden, wer vom Personal dies macht und wer nicht. Die Wickelsituation ist von den Fachkräften einsehbar, sodass ein 4-Augen-Prinzip gilt.
- Die Kinder und Erwachsene benennen ihre Geschlechtsteile mit den korrekten Bezeichnungen.
- Im Fall von Hospitation oder Unterstützung durch Aushilfen achten wir darauf, dass Aufgaben im Hygienebereich nur von Fachkräften übernommen werden darf.
Situationen mit intimeren Kontakt zu den Kindern (z.B. Toilettengang, Wechsel der Kleidung, Verletzungen/ Trost spenden) übernimmt nur das pädagogische Fachpersonal, das den Kindern vertraut ist. Hier ist es wichtig, die persönlichen Bedürfnisse und Wünsche der Kinder zu achten und darauf einzugehen.
Elterndienste und neues Personal werden vom pädagogischen Personal über bestehende Regeln und Grenzen informiert. Alle pädagogischen Fachkräfte lesen das Schutzkonzept und bestätigen dies mit ihrer Unterschrift.
3.4 Verhaltenskodex: Beziehung zum Kind – Nähe und Distanz
Uns ist die Beziehung zum Kind sehr wichtig, und wir möchten sie mit ihm zusammen aufbauen, basierend auf Vertrauen und Respekt. Es sollen alle Bedürfnisse berücksichtigt werden, dabei gibt es jedoch klare Grenzen. Es gilt die Balance zwischen Nähe und Distanz zu halten, weil es sonst zu Grenzüberschreitungen kommen kann.
- Die Kinder werden mit ihrem Namen angesprochen, außer wenn mit den Kindern und Eltern ein Spitzname besprochen wurde.
- Die Kinder werden nicht geküsst und nur umarmt, wenn die Initiative vom Kind kommt.
- Die Kinder können frei entscheiden, wen sie begrüßen, auf welche Art und wie sie sich verabschieden.
- Jeder sexualisierte Kontakt zum Kind ist verboten und zu unterbinden. Je nach Härtegrad einer beobachteten Grenzüberschreitung wird diese benannt und von Leitung und Teamaufgearbeitet bzw. das nach §8 a SGB VIII definierte Vorgehen eingeleitet.
Da das Bedürfnis nach Nähe und Distanz individuell unterschiedlich ausgeprägt ist, gilt es, diese persönlichen Unterschiede zu erkennen, zu respektieren und einzuhalten. Das Thema wird nicht nur professionell innerhalb des pädagogischen Teams, sondern auch zusammen mit den Eltern reflektiert.
Darüber hinaus gilt es, dass nicht nur das Kind, sondern auch das Erzieherteam Bedürfnisse artikulieren und Grenzen setzen muss. Das Berühren von intimen Körperstellen (Po, Brust, Geschlechtsteile, …) der Erzieher*innen ist verboten, sowie unter das T-Shirt oder die Hose zu fassen. Ebenso ist es in Ordnung auch seitens der Erwachsenen dem Kind zu erklären, dass er/sie gerade keine Nähe wünscht oder ihm/ihr zu viel Nähe ist und nicht bekuschelt, beklettert oder Händchen halten will.
3.5 Verhaltenskodex: Macht
Der Anspruch des Naturkindergartens „Die Biberbande e.V.“ ist: Macht miteinander statt übereinander. Ziel ist die Stärkung aller Beteiligten zur Mitwirkungsmöglichkeit. Ein*e Machtinhaber*in definiert sich nicht durch Geschlecht, Abstammung, Grad des Abschlusses usw., sondern durch die ihm:ihr zugewiesene Domäne. Je klarer die jeweilige Domäne definiert ist, umso handlungssicherer werden die Beteiligten. Dies fördert eine transparente und klare Verständigung und einen reibungslosen Alltag. Ein Gebrauch von Macht übereinander ist ausschließlich dann gerechtfertigt, wenn sie dem Schutz Beteiligter dient. Nicht übereinstimmende Haltungen und Handlungen werden benannt und aufgearbeitet, zum Beispiel in Form von Gesprächen oder Supervisionen.
3.6 Verhaltenskodex: Umgang mit Mobiltelefonen
Private Mobiltelefone werden grundsätzlich nur in der Abwesenheit der Kinder benutzt. Fotos werden nur mit einem dienstlichen Mobiltelefon aufgenommen und nicht auf privaten Datenträgern, Clouds etc. gespeichert. Die Aufnahme von Fotos ist mit der Elternschaft ausdrücklich und umfassend diskutiert worden und erfolgt nur dann, wenn eine Genehmigung und ein Einverständnis durch die Eltern erfolgt. Sobald die Kinder aus der Einrichtung ausgeschieden sind, werden alle personenbezogenen Daten und Bilder gelöscht.
4 Beteiligung
4.1 Beteiligung der Kinder
In der Einrichtung wird großen Wert auf die Partizipation der Kinder gelegt. Sie haben die Möglichkeit den Alltag im Naturkindergarten aktiv mitzugestalten. Um sich sicher zu fühlen und Beschwerden zu äußern, müssen die Kinder lernen, dass sie gehört werden und an Entscheidungen beteiligt sind. Dabei ist eine Begleitung der Kinder durch Erwachsene in der Durchsetzung und Umsetzung ihrer Bedürfnisse notwendig.
Im Naturkindergarten „Die Biberbande“ wird Demokratie und Mitsprache für die Kinder erlebbar gemacht. So wird jeden Morgen im Morgenkreis demokratisch abgestimmt, welcher Platz an diesem Tag aufgesucht wird. Um den Kindern die Entscheidung zu vereinfachen, werden im Vorfeld zwei Plätze von den Kindern zur Abstimmung vorgeschlagen. Die Erzieher*innen greifen hier nur im Rahmen von organisatorischen (pädagogische Angebote nur an bestimmten Plätzen möglich, Eingewöhnungen, Hospitationen oder ein unterbesetztes Team) und sicherheitsrelevanten (Hochwasser an der Isar) Fragen ein. Ob und in welchem Umfang sich Kinder beteiligen möchten, entscheiden sie selbst. Kein Kind hat die Pflicht bei der Abstimmung mitzumachen, jedoch muss es die getroffene Entscheidung dann mittragen.
Die Kinder bestimmen in vielen Bereichen des Kindergartenalltags über sich selbst. So müssen sie das Mittagessen nicht essen, wenn sie es nicht möchten.
Sie haben oft auch die Wahl aus mehreren Angeboten (Vorlesen, Bastelprojekte, freies Spiel). Sie entscheiden selbst, wer ihnen beim Toilettengang, beim Anziehen etc. hilft. Wickelkinder entscheiden selbst, wer sie wickelt.
Die Kinder bekommen Unterstützung, wenn sie es möchten (z.B. Konflikte verbal lösen, Hilfe beim Anziehen, Hilfe beim Toilettengang), werden aber auch in ihrer Selbstbestimmtheit gefördert. Alle Kinder bekommen ihren Freiraum, sofern keine Grenze überschritten wird (z.B. bei Eingewöhnung gewisser Abstand zur Gruppe, wenn dies gerade gebraucht wird).
Konflikte werden nicht von Erwachsenen gelöst, sondern nur (wenn nötig) in deren Begleitung. Eine Lösung des Konfliktes soll von den Kindern ausgehen und braucht Zeit, bis diese gefunden ist. Überhastete Aktionen sind hier fehl am Platz. Dazu braucht es gute Beziehungen untereinander. Kinder brauchen das Vertrauen, dass die Pädagog*innen für sie da sind und die Gefühle und Bedürfnisse ernstnehmen.
Für die Pädagog*innen bedeutet dies, im Alltag die Interessen, die individuellen Eigenschaften und Verhaltensweisen durch Beziehungsarbeit (z.B. gemeinsames Spiel, Beobachtung in der Gruppe) der Kinder zu erfahren, um in Konfliktsituation auf jedes Kind persönlich und individuell eingehen und reagieren zu können.
Die Erwachsenen vermitteln den Kindern klar, dass sie ihnen zutrauen, sich zu beteiligen und fähig sind, ihnen bei Problemen und Krisen zu helfen.
4.2 Beteiligung der Eltern
Die Beteiligung der Eltern steht bei unserer Elterninitiative klar im Vordergrund. So ist der Kindergarten von Eltern gegründet worden und auch die Konzeption wird regelmäßig von Eltern in Zusammenarbeit mit dem Team überarbeitet. Im Alltag sind die Eltern über verschiedene Aufgaben (Elternämter) beteiligt und arbeiten mehr oder weniger eng mit den Mitarbeitern zusammen.
Die Elternversammlungen stellen einen Gesprächsrahmen für die Eltern unter sich, ohne das pädagogische Team, dar.
An den regelmäßig stattfindenden Elternabenden werden die Eltern vom pädagogischen Team über aktuelle und wichtige Themen informiert und haben die Möglichkeit, sich zu diesen zu äußern. Persönliche Anliegen können auch stets beim Bringen, besser noch beim Abholen, besprochen werden. Für längere Gespräche kann ein Telefontermin vereinbart werden. In den Entwicklungsgesprächen findet ein detaillierter Austausch über die Entwicklung des Kindes und mögliche Gefährdungssituationen statt. So kann einigen Gefahren bereits vorgebeugt werden.
4.3 Beteiligung des Teams
Das pädagogische Team arbeitet eng mit den Eltern, vor allem dem Vorstand, zusammen. Bei der Entscheidung über die Aufnahme von neuen Kindern werden die Pädagogen mit einbezogen. Die Erstellung und Überarbeitung von Konzepten erfolgt in Zusammenarbeit. Neues Personal, wie z.B. Aushilfen, Personen im freiwilligen Dienst oder auch Festangestellte, wird nicht ohne ein Kennenlernen mit dem Team und dessen positiver Rückmeldung eingestellt.
Das pädagogische Team trifft alle Entscheidungen, die den pädagogischen Alltag betreffen. Wie werden neue Regeln/ Gesetze/Vorschriften in der pädagogischen Arbeit umgesetzt? Wie wird im pädagogischen Alltag mit der derzeitigen Gruppendynamik oder dem aktuellen Gruppenprozess umgegangen? Gibt es Regeln, die hinfällig geworden sind oder abgeändert werden müssen? Es wird auch über die Situation einzelner Kinder berichtet und wie im Team damit umgegangen wird. Der Vorstand nimmt einmal im Monat an den wöchentlichen Teamtreffen teil und informiert sich über Neuerungen und trägt diese weiter in die Elternschaft.
5 Beschwerdemanagement
Dieses Schutzkonzept fördert die aktive Teilnahme, Mitbestimmung und Mitgestaltung der Kinder, Eltern und Mitarbeitenden entsprechend ihrer Möglichkeiten. Durch eine starke Beteiligung der Kinder an ihrem Kindergartenalltag lernen sie, dass sie gehört werden und trauen sich dadurch auch eher, Beschwerden zu äußern.
Daher sind die offene Kommunikationskultur, die demokratische Beteiligung und die Kommunikation auf Augenhöhe wichtige Bestandteile des präventiven Kinderschutzes. Wir sind offen für konstruktive Beschwerden und Feedback, und wir verstehen es als eine Chance zur Entwicklung und Verbesserung unserer Arbeit.
Beschwerden werden bei der Biberbande nicht als Makel gesehen, sondern als Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. Jedes Mitglied im Naturkindergarten, sei es ein Kind, die Eltern oder ein:e Pädagog: in, hat die Möglichkeit, sich zu beschweren. Dabei ist es wichtig zu signalisieren, dass Kritik erwünscht und ernsthaft bearbeitet wird.
Je zeitnaher die Beschwerde an der vorhergegangenen Aktion ist, desto konkreter kann darauf eingegangen werden. Ein Aufstauen des Ärgers und die Hoffnung, dass sich das Problem von selbst löst, wird nicht zur Lösung beitragen. Deswegen ist direkte, offene und zeitnahe Kommunikation unerlässlich für alle Beteiligten.
5.1 Interne Beschwerdemöglichkeiten für die Kinder
Kinder, die sich selbstbewusst für ihre Rechte und Bedürfnisse einsetzen, sind besser vor Gefährdungen geschützt. Die Beschwerden von den Kindern werden von dem pädagogischen Team sensibel und empathisch wahrgenommen, damit zusammen eine Lösung für das Problem gefunden wird und dadurch alle zu einer dialogischen Haltung beitragen können.
Diese Möglichkeit haben die Kinder jederzeit im Alltag, aber sie können dies auch auf formelle Weise im Morgenkreis machen, wenn sie von anderen Kindern auch gehört werden möchten. Auch können sie sich durch die Eltern beschweren. Jede Beschwerde wird berücksichtigt und ernst genommen, unabhängig davon, wie groß oder klein sie zu sein scheinen.
Kinder äußern ihre Beschwerden oft nicht direkt. Ihre Anliegen und Bedürfnisse, die hinter einer Beschwerde im weitesten Sinne liegen, können sehr unterschiedlich aussehen. Dies kann ein Unwohlsein, eine Unzufriedenheit sein (z.B. mit dem Essen), es kann sich um einen Veränderungswunsch handeln (z.B. bezüglich einer Gruppenregel) oder ein Thema betreffen, das sich aus dem Verhalten und den Reaktionen anderer ergibt (z.B. dem Konflikt, nicht mitspielen zu dürfen). Die Fachkräfte sind gefordert, die Unmutsbekundungen der Kinder bewusst wahrzunehmen und sich mit ihnen auf die Suche nach dem zu begeben, was hinter der Beschwerde steckt. Deshalb spielen alle ihre Anliegen, die aus Sicht der Erwachsenen „Kleinigkeiten“ oder „Banales“ darstellen, für uns eine wichtige Rolle. Durch unser Interesse an ihrer Kritik fühlen sich die Mädchen und Jungen ernst genommen und suchen auch bei anderen Sorgen unsere Unterstützung.
In aller Regel wenden sich Kinder an eine Person ihres Vertrauens, wenn sie Anliegen oder Nöte haben. Das kann die Gruppenkraft, aber auch jede andere Fachkraft in der Einrichtung sein. Durch die besondere Nähe zu den Kindern ist dieser Beschwerdeweg meist spontan – das ist von Vorteil, hat aber auch Grenzen. Das bewusste Annehmen der Beschwerde ist dann eine Herausforderung, wenn in der aktuellen Situation wenig Zeit bleibt. Dann signalisieren die Fachkräfte mit einer ersten Reaktion, das Anliegen wahrgenommen zu haben und knüpfen in einer ruhigen Minute allein mit dem Kind oder z.B. im Abschlusskreis an die Situation wieder an. Unser Anspruch ist es, dieses persönliche (Wieder-)Aufnehmen und Konkretisieren der Beschwerden verlässlich zu gewährleisten.
5.2 Interne Beschwerdemöglichkeiten für die Eltern
Die Eltern haben die Möglichkeit, die pädagogischen Fachkräfte jederzeit anzusprechen und können bei Bedarf einen zeitnahen Termin vereinbaren. Bei Elternabenden haben die Eltern auch die Option eine Beschwerde, Sorgen und Wünsche zu äußern. Diese werden an die pädagogischen Fachkräfte weitergeleitet, um eine Lösung zu finden. Zusätzlich wird aus der Elternschaft eine Ombudsperson gewählt, die für die Eltern, das Team und den Vorstand als Ansprechperson vorhanden ist und in vertrauensvollen Gesprächen Kritik oder Sorgen annehmen und das weitere Vorgehen besprechen kann.
5.3 Interne Beschwerdemöglichkeiten für die Mitarbeitenden
Die Mitarbeitenden können ihre Beschwerde direkt ins Team tragen, um eine Lösung zu finden oder diese über die Leitung oder das Personalamt kommunizieren.
Außerdem finden alle sechs Monate Treffen mit dem „Personalamt“ statt, um sicherzustellen, dass alles gut läuft, und es gibt auch die Möglichkeit einer Supervision. Zudem kommen die Vorstandsmitglieder regelmäßig zu den Teamsitzungen dazu, sodass ein persönlicher und direkter Gesprächsrahmen gegeben ist.
Den Mitarbeitenden steht die aus der Elternschaft gewählte Ombudsperson genauso zur Verfügung und kann in vertrauensvollen Gesprächen Kritik oder Sorgen annehmen und das weitere Vorgehen besprechen.
5.4 Externe und anonyme Beschwerdemöglichkeiten
Darüber hinaus gibt es jederzeit das Recht und die Möglichkeit, eine Fachberatung anonym in Anspruch zu nehmen – beispielsweise über die kostenlose Hotline des Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung. Das „Hilfetelefon Sexueller Missbrauch“ unter der Nummer 0800 22 55 530 ist eine unabhängige Anlauf- und Beschwerdestelle für Menschen, die Entlastung und Unterstützung suchen, die sich um ein Kind sorgen, die eine Vermutung oder ein „komisches Gefühl“ haben, die unsicher sind und Fragen zum Thema stellen möchten. Die Frauen und Männer am Hilfetelefon hören zu, beraten, geben Informationen und zeigen – wenn gewünscht – Möglichkeiten der Hilfe vor Ort auf. Jedes Gespräch bleibt vertraulich. Der Schutz der persönlichen Daten ist zu jedem Zeitpunkt garantiert.
Weitere Anlaufstellen sind unter dem Punkt 8 (Externe Fachberatung und Anlaufstellen) zu finden.
6 Besonderheit Naturkindergarten
Der Alltag in einem Naturkindergarten birgt andere Gefahrenpotentiale als ein Kindergarten, der über feste und geschlossene Räumlichkeiten verfügt. Diese sind vor allem in widrigen Wetterlagen, der Natur als Spielplatz, Vergiftungen durch Pflanzen, Beeren und Pilzen, sowie durch Tiere, insbesondere Insekten wie Zecken, Wespen, etc. auszumachen.
Dazu entstehen in einem Naturkindergarten einige Situationen, die hier besonders betrachtet werden sollen. Es wird das Thema Toilette draußen mit den Kindern besprochen. Hier bietet sich die Möglichkeit der Sensibilisierung, wo ein geeigneter Ort ist und wo nicht. Grundsätzlich bieten Gebüsche/Wäldchen Rückzugsorte für die Kinder. Dabei findet eine Begleitung durch die Erzieher statt, teilweise auch aus der Distanz.
6.1 Grenzen
Klare Grenzen sind gerade im Naturkindergarten von enormer Bedeutung, da diese hier sicherheitsrelevant sind. Diese beinhalten Haltepunkte auf dem Weg zum Platz, Grenzen an jedem Platz und Regelungen, bis zu welcher Höhe geklettert werden darf. Sie werden mit den Kindern in der Eingewöhnung erlernt und geübt. Bei Grenzüberschreitungen wird klar gehandelt. Jeder Platz hat eine „räumliche Grenze“ (z.B. der Weg, das Gebüsch), die immer wieder mit den Kindern besprochen wird und darauf geachtet wird, dass diese auch eingehalten werden. Unsere Wege zu den Plätzen sind in Haltepunkte untergliedert, sodass wir unabhängig von der Geschwindigkeit der Kinder alle im Blick behalten. Wollen Kinder in einem nichteinsichtigen Gebüsch spielen, müssen sie um Erlaubnis fragen, das Erzieherteam erkundigt sich in regelmäßigen Abständen nach deren Verbleib und behält die Zugänge im Blick. Kinder haben Kontakt zu Passant*innen, z.B. Hundebesitzer*innen. Hierbei ist immer eine pädagogische Fachkraft anwesend und hat die Situation stets im Blick. Das Einhalten sicherheitsrelevanter Regeln wird durch die Pädagog*innen garantiert.Gleichzeitig versteht sich der Regelbegriff des Naturkindergartens „Die Biberbande“ als dynamisch. Regeln werden in der Gruppe immer wieder hinterfragt, neu formuliert und gemeinsam den aktuellen Gegebenheiten angepasst.
6.2 Kontinuierliche Auseinandersetzung
Viele Gefährdungen sind im Wald nicht gänzlich abzustellen. Zum Beispiel können Wurzeln als potenzielle Stolperstellen nicht vermieden werden. Um dennoch eine Klarheit über den Rahmen, seine Gefahren und den positiven Umgang damit für alle im Bewusstsein zu halten, werden die Pädagog*innen und sofern nötig auch die Eltern (z.B. an Elternabenden) regelmäßig zu verschiedenen Inhalten belehrt (z.B. Infektionsschutz, Erste Hilfe, Brandschutz, Arbeitssicherheit, Gefahrensituationen und ihre Indikatoren im Wald, …).
6.3 Auflistung potenzieller Gefährdungen
Es folgt eine Auflistung potenzieller Aspekte und Gefährdungen/ Belastungen sowie die dazugehörigen Maßnahmen. Pflicht zur Sicherung von Gefahrenquellen Unter dem Begriff der Verkehrssicherungspflicht versteht man die Pflicht zur Sicherung von Gefahrenquellen. Bei Kindern im Naturkindergarten gilt eine erhöhte Verkehrssicherungspflicht (siehe Tabellen).
[tabellen folgen]
Das pädagogische Personal nimmt alle zwei Jahre an einem Erste-Hilfe-Kurs am Kind teil.
7 Intervention – Verfahren bei Kindeswohlgefährdung
Prinzipiell soll zwischen drei verschiedenen Verdachtsmomenten unterschieden werden:
- Gefährdung durch das Personal (innerinstitutionell)
- Gefährdung durch andere Kinder (innerinstitutionell)
- Gefährdung durch Eltern oder Dritte (außerinstitutionell)
Alle Mitarbeiter*innen des Naturkindergartens, die Kenntnis über mögliche Fälle des sexuellen Missbrauchs oder über auffällige Verhaltensveränderungen erhalten, sind verpflichtet, schnellstmöglich die nächste Führungsebene, sprich Leitung oder Vorstand oder die Ombudsperson über alle Verdachtsmomente zu informieren. Wichtig ist vor allem, Ruhe zu bewahren, hinzusehen, hinzuhören und den Kontakt zu dem betroffenen Kind zu halten. Alle Vorgänge müssen dokumentiert werden. Wir gehen von der Wahrhaftigkeit des Kindes aus und stellen dessen Aussagen nicht in Zweifel. Intervenieren bedeutet, sich einzumischen, Einspruch zu erheben und zu vermitteln. Sowohl bei vagem als auch bei konkretem Verdacht gilt es, die Geschehnisse nicht zu verharmlosen, sondern genauer hinzusehen und ernst zu nehmen. Oftmals fällt es schwer, sexuelle Gewalt im eigenen Arbeitsumfeld wahrzunehmen. Dies liegt vor allem daran, dass Täter oder Täterinnen im Umfeld ihrer Arbeit meist sehr gut integrierte, engagierte und geschätzte Kollegen oder Kolleginnen sind, denen grenzverletzendes Verhalten nicht zugetraut wird. Ein vager Verdacht in Form eines »unguten Gefühls« oder auf der Grundlage zweideutiger Beobachtungen stellt immer eine schwierige Situation für Mitarbeitende dar, denn es möchte niemand als Denunziant oder Denunziantin im Team abgestempelt werden, falls sich der Verdacht als falsch herausstellt. Auch ein Verdacht gegenüber einem Elternteil scheint oft schwer vorstellbar. Gerade in einer Elterninitiative, die aufgrund ihrer Gruppengröße sehr familiär wirkt, scheint man jeden gut genug zu kennen, sodass es schwerfällt, Missbrauch in jeglicher Form wahrhaben zu wollen. Andererseits ist der Kontakt sowohl mit den Kindern als auch mit den Eltern entsprechend enger und familiärer als in einer großen Einrichtung, sodass das Wahrnehmen und Intervenieren möglicherweise schneller vonstatten gehen kann. Gerade in einer kleinen Einrichtung anonym und professionell mit dem Problem umzugehen, erfordert einen starke Abgrenzung zwischen personaler und sachlicher Ebene, sowohl im Umgang mit den Eltern als auch innerhalb des Teams und dem Vorstand.
7.1 Dokumentation
Die Beobachtungen oder Ereignisse müssen sorgfältig dokumentiert werden, und zwar getrennt nach objektiven Verhaltensbeobachtungen und subjektiven Reaktionen (wie Emotionen oder Vermutungen über die Person und deren Motivation). Notiert werden müssen folgende Fakten: Datum, Uhrzeit, Örtlichkeit, Name des betroffenen Kindes, Name der verdächtigten Person, Namen von Zeugen, wortgetreue Zitate, was hat man selbst beobachtet, was ist aufgefallen? In welchem Zusammenhang sind die Äußerungen gefallen? Hat man von einer Vermutung über Kolleg*innen erfahren oder hat ein Kind selbst von einem körperlich, geistig, seelischen Übergriff, Missbrauch laut Paragraf 8a erzählt? Die Aufzeichnungen sind die Grundlage für die nachfolgenden Gespräche und bei begründetem Verdacht von wesentlicher Bedeutung. Sie sind gut verschlossen und für Dritten zugänglich aufzubewahren.
[Grafik „Schnelle Hilfe 7.1“]
7.2 Handlungsschemata
Im Fall eines Verdachts ist der erste Schritt die Überprüfung des Ursprungs und die weitere Beobachtung der Situation. Wichtig ist dabei die genaue Dokumentation der Schritte, damit auch im weiteren Verlauf Details nachvollzogen werden können. Die Reflexion des Gesamtprozesses und der einzelnen Entscheidungen ist grundlegend. Dabei sollte auch die Situation im Team und der jeweiligen Beteiligten berücksichtigt werden. Das Handlungsschemata liegt dem Leitfaden Kinderschutz (2018) zugrunde, die in den folgenden Grafiken noch einmal veranschaulicht werden sollen.
[Grafik „Handlungsschema 7.5“]
7.3 Gewalt durch Kinder
Es ist sehr wichtig, bei sexuellen Handlungen unter Kindern zwischen altersgemäßer Neugier und sexuellem Übergriff zu differenzieren. Kinder, die sexuell auffälliges Verhalten zeigen, sind nicht zwangsläufig übergriffige Kinder. Wenn es zu sexuellen Interaktionen zwischen Kindern kommt, muss der Altersunterschied der Beteiligten beachtet werden. Je größer der Altersunterschied ist und falls Handlung durch Manipulation, Erpressung oder Androhung von Strafen und Gewalt durchgeführt wird, desto mehr kann man nicht mehr von einer einvernehmlichen sexuellen Handlung sprechen. Es ist sehr wichtig, sexuell übergriffiges Verhalten schnell wahrzunehmen, zu intervenieren und therapeutische Maßnahmen anzubieten.
Mobbing findet vorzugsweise unter Gleichaltrigen statt. „Der Begriff Mobbing beschreibt mehrere negative Handlungen, die gegen eine Person gerichtet sind und die sehr oft und über einen längeren Zeitraum hinaus vorkommen und damit die Beziehung zwischen Täter und Opfer kennzeichnen.“Grundsteine für Mobbing können schon dann gesetzt werden, wenn aus einem sachlichen Konflikt auf einmal ein persönlicher wird. Ein weiterer Nährboden für Mobbing kann entstehen, wenn Situationen auftreten, welche ein großes Abhängigkeitsgefühl erzeugen. Mobbing kann in vielen Sozialräumen erfahren werden, unter anderem auch im Kindergarten. Auch hier gilt zu beachten, dass nicht nur Kinder Opfer von Mobbing werden können. Auch Fachkräfte können Mobbing durch Kolleg*innen oder Kinder erfahren.
Um die Grenzen der Kinder und Mitarbeiter*innen zu wahren, suchen Mitarbeiter*innen Gespräche, zu denen auch Diskussionen und Auseinandersetzungen gehören.Pädagogische Fachkräfte bieten den Kindern emotionale Unterstützung an und helfen ihnen bei der Identitätsfindung und dabei, eine ausgeprägte Körperwahrnehmung zu entwickeln. Die Pädagog*innen geben den Kindern durch Erfahrungen, entwicklungspsychologisches Wissen und einer ethischen Grundhaltung Orientierung. So erlangen die Kinder Sicherheit und merken, wenn ein Erwachsener oder ein Kind Grenzverletzungen begeht oder Situationen missbräuchlich ausnutzt.
8 Externe Fachberatung und Anlaufstellen
- Deutscher Kinderschutzbund:
Kapuzinerstraße 9c
80337 München
Tel.: 089/55 53 59
Fax.: 089/55 03 699
info@dksb-muc.de - Hilfetelefon Sexueller Missbrauch
Tel.: 0800 22 55 530 - Stadtbezirke 17 und 18:
Obergiesing, Untergiesing-Harlaching
Städt. Erziehungsberatungsstelle
Oberbiberger Strasse 49
81547 München
Tel. 089/233-35959
Fax 089/233-35950
beratungsstelle-gh.soz@muenchen.de - Amyna München e.V.:
Maria-Hilf-Platz 9 / 2.Stock
81541 München
Tel.: 089/890 57 45-100
Fax:089/890 57 45-199
info@amyna.de - UBSKM Hilfetelefon
www.hilfe-portal-missbrauch.de/hilfe-telefon - KIBS
Schutzkonzept 17
Landwehrstraße 34
80336 München
Tel.: 089/23 17 16-9120
Fax: 089/ 23 17 16-9119
mail@kibs.de - Forstrevier R5
Dagmar Rothe
Tel.: 08092/26 99 14 10
dagmar.rothe@aelf-ee.bayern.de
9 Regelmässige Überprüfung und Weiterentwicklung
Die Einrichtung hat den Anspruch einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Schutzkonzept. Situationen verändern sich genauso wie Menschen, die dieses Konzept umsetzen und mit Leben füllen müssen. Feedback von allen Beteiligten ist dafür nötig.
Das Schutzkonzept wird mindestens alle drei Jahre überprüft. Dann (oder bei offensichtlichem Bedarf auch vorher) wird kontrolliert, inwieweit es weitere Visionen oder neue Situationen und äußere Anforderungen gibt, die es unter Berücksichtigung guter Lesbarkeit einzuarbeiten gilt.
10 Vertiefende Literatur
- Kreisjugendring München-Stadt (2014): Handbuch § 8a SGB VIII Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung. München.
- Kreisjugendring München-Stadt (2018): Organisationshandbuch. München. Landeshauptstadt München Referat für Bildung und Sport (2015): Handbuch Umgang mit sexueller Gewalt in städtischen Kindertageseinrichtungen. München: Druckmedien GmbH.
- Maywald, Jörg (2018): „Kinder begleiten stärken und schützen“ In: kindergarten heute (8/2015). S. 16–20
- Bundesarbeitsgemeinschaft Elterninitiativen e.V. (2018): Leitfaden zur Umsetzung des Bundeskinderschutzgesetzes. Berlin: Fatamorgana Verlag.
- DGUV (2008): Information 202-074. „Mit Kindern in den Wald“.
- Erste Hilfe für Kinder und Babys (o.J.): Zecken richtig entfernen.
- Kinderschutz-Zentrum Berlin e.V. (2009) (Hrsg.): Kindeswohlgefährdung – Erkennen und Helfen.10. überarbeitete und erweiterte Auflage, Berlin: H. Heenemann GmbH & CO. KG
- Koordinationsstelle „Männer in KiTas“ (2014) (Hrsg.): Sicherheit gewinnen. Wie KiTas männliche Fachkräfte vor pauschalen Verdächtigungen und Kinder vor sexualisierter Gewalt schützen können.
- Landesamt für Umwelt (2015): UmweltWissen – Haus und Garten. Wespen und Hornissen.
- Maywald, Jörg (2019): Gewalt durch pädagogische Fachkräfte verhindern. Freiburg: Herder Verlag.
11 Selbstverpflichtungserklärung der Mitarbeitenden
Die Arbeit mit Menschen lebt durch vertrauensvolle Beziehungen untereinander. Durch diese Beziehungen wollen wir jungen Menschen Selbstbewusstsein vermitteln, ihre Identität stärken und sie befähigen, eine gesunde Beziehung zu sich selbst und zu anderen zu entwickeln und zu leben. Das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und in die Beziehung zu anderen Menschen soll gestärkt werden. Vertrauensvolle Beziehungen sind nur möglich in einem Umfeld, das frei von körperlicher, seelischer und sexueller Gewalt gestaltet ist. Aus diesem Grund halte ich mich an folgende Grundsätze:
- Ich verpflichte mich, alles in meiner Macht Stehende zu tun, dass junge Menschen in unseren Einrichtungen vor körperlicher, seelischer und sexueller Gewalt bewahrt werden.
- Ich beachte die gesetzlichen Vorschriften.
- Ich respektiere die Gefühle aller Menschen. Ich nehme die individuellen Grenzsetzungen und die Intimsphäre der mir anvertrauten jungen Menschen wahr und ernst. Ich erkenne an, dass jeder Mensch ein Individuum mit eigener Persönlichkeit ist. Ich respektiere die (jungen) Menschen und bringe ihnen Wertschätzung und Vertrauen entgegen.
- Ich gestalte die Beziehungen zu den (jungen) Menschen transparent und gehe verantwortungsbewusst mit Nähe und Distanz um. Mit den Eltern arbeite ich vertrauensvoll zusammen, respektiere sie in ihrer Verantwortung und informiere sie über unsere Grundsätze für das Kindeswohl.
- Mir ist bewusst, dass es ein Machtgefälle zwischen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen einerseits und den Betreuten andererseits gibt. Mit der mir übertragenen Verantwortung gehe ich sorgsam und bewusst um.Insbesondere missbrauche ich meine Rolle als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter nicht für sexuelle Kontakte zu mir anvertrauten jungen Menschen.
- Ich verzichte auf verbal und nonverbal abwertendes Verhalten. Ich beziehe aktiv Stellung gegen gewalttätiges, diskriminierendes, rassistisches und sexistisches Verhalten.
- Konflikte löse ich gewaltfrei. Ich bemühe mich stets um beschreibende und nichtwertende Äußerungen aus der Ich-Perspektive. Wenn Konflikte eskaliert sind, sorge ich für eine Atmosphäre, die eine Rückkehr ohne Niederlage ermöglicht.
- Ich werde Situationen ansprechen, die mit unserer Selbstverpflichtungserklärung nicht in Einklang stehen, um ein offenes Klima in der Gruppe zu schaffen und zu erhalten.
- Im dienstlichen Kontakt kommt es zu einem intensiven Austausch über Gefühle und Bedürfnisse, wodurch eine große Nähe entstehen kann. Insbesondere missbrauche ich meine Rolle als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter nicht für sexuelle Kontakte zu mir anvertrauten Menschen.
- Ich achte auf Anzeichen der Vernachlässigung oder Gewalt bei jungen Menschen. Ich informiere bei Verdacht meinen direkten Vorgesetzten und leite ggf. ein Kinderschutzverfahren nach § 8a SGB VIII ein.
- Unser Anliegen ist es, Menschen jeden Alters dabei zu unterstützen zu partizipieren, indem wir Freiräume für die persönliche Entfaltung und damit für das Leben schaffen und sichern. Dadurch ist es möglich Verantwortung für das eigene Handeln und das selbstbestimmte Lernen zu übernehmen und die Gesellschaft aktiv mitzugestalten. Der Naturkindergarten „Die Biberbande“ steht für Vielfalt, Pluralismus und Inklusion. Um diese Vielfalt zu sichern, bedarf es einer aktiven Abgrenzung von intoleranten und/oder gewalttätigen Strukturen. Deshalb distanziere ich mich ausdrücklich und auch aktiv von ideologischen Ansätzen und Organisationen, von jeglichen Sekten sowie von rechtsextremem und antisemitischem Gedankengut. Ich habe die Selbstverpflichtungserklärung gelesen und verpflichte mich, nach diesen Grundsätzen zu arbeiten.